Hier also fahre ich fort und fasse zusammen
photographs and text, bachelor project, SANAA, Essen, 2018








































Das Haus

Ich erinnere mich an ein Haus, es ist sehr groß und aus hellbraunem Stein. Vor dem Haus stehen Bäume, es sind Nadelbäume und sie sind größer, als ich sie in Erinnerung hatte. Zu den Bäumen (und zu dem Haus) führt eine kleine sandige Straße, den Hügel hinab und dann wieder hinauf.

Das Haus sind zwei Häuser.

Auf der anderen Seite des Hauses liegt ein See, der kein See ist, sondern ein Fluss oder ein Stausee oder das Meer.

Das Meer ist grün-blau.

(Ich erinnere mich daran, dass 1 das Meer damals meistens als blau beschrieb.)

Vor (oder über) dem See (also hinter dem Haus) befindet sich eine kleine Aussichtsplattform und von dieser Aussichtsplattform fährt ein Fahrstuhl (aus Holz) hinab zu einem Steg und von diesem Steg kann man ins Meer springen, wenn man sich traut.

Ich erinnere mich an 1.

(Oder war es 2?)

1 sitzt auf den Stufen vorm Haus. Die Tür (sie ist weiß) hinter 1s Rücken steht offen, weil Frühsommer ist oder zumindest Frühling.

Vor 1 befinden sich Bäume, es sind Nadelbäume oder manchmal Palmen und sie sind so groß, dass 1 den Kopf in den Nacken legen muss, um sie in Gänze sehen zu können. 1 sitzt auf den Stufen vorm Haus und legt den Kopf in den Nacken.

1 legt den Kopf in den Nacken und schaut auf die Bäume, die groß sind und dunkelgrün.

1 schaut sehr lange auf die Bäume.

Die Nadelbäume sind drei Bäume. Sie stehen in einer Reihe, dicht nebeneinander, sodass sie sich fast berühren, und sie neigen sich leicht nach rechts. Hinter den Bäumen ist eine kleine sandige Straße zu erahnen, sie führt den Hügel hinab und dann wieder hinauf zu einer Straße, die größer ist, als die sandige Straße.

Manchmal (und zwar immer dann, wenn die geöffnete Tür hinter 1s Rücken nicht weiß, sondern taubenblau ist) schaut 1 auf zwei Palmen, die hellgrün sind und etwas kleiner, als die Nadelbäume.

1 sitzt auf den Stufen vorm Haus und trinkt Kaffee aus einer kleinen weißen Tasse, die nicht 1 gehört, sondern 2. Es ist Frühsommer und es ist warm.

1, auf den Stufen sitzend, hat die rechte Hand unter das rechte eigene Bein geschoben (eine Geste die eher untypisch für 1 ist und die mich an 2 denken lässt), während die linke Hand die kleine weiße Tasse hält.

Hin und wieder stellt 1 die Tasse neben das linke nackte Bein, darauf bedacht, dass die Entfernung zwischen Tasse und Bein groß genug ist.

(Was bedeutet das: groß genug?)

1 stellt die Tasse sehr vorsichtig ab, sodass kein Geräusch zu hören ist.

Manchmal schaut 1 kurz auf, legt den Kopf in den Nacken und vergewissert sich, dass die Bäume, die vor dem Haus stehen, noch da sind.

1 stellt sich vor, am Rande des Stegs auf der anderen Seite des Hauses zu sitzen, neben 2, und die Füße in den See zu tauchen. 1 stellt sich vor, im Meer zu baden.

Während 1 vor dem Haus sitzt und Kaffee trinkt und auf die Bäume schaut, steht 2 hinter dem Haus auf der kleinen Aussichtsplattform und schaut auf das Meer.

(2 steht meistens auf der Aussichtsplattform und schaut auf das Meer. Manchmal jedoch befindet sich 2 irgendwo im Haus, wahrscheinlich in der Küche, nur wenige Meter von 1 entfernt.)

(Die Küche, in der 2 steht, befindet sich in einem Steinhaus, in dem es immer kalt ist und in dem 2 immer friert.)

2 stellt sich vor, dass Frühsommer ist und dass 1 nur wenige Meter von 2 entfernt auf der untersten Stufe vorm Haus sitzt. 2 stellt sich vor, dass 1 eine kleine weiße Tasse in der Hand hält, die nicht 1 gehört, sondern 2. (Ich erinnere mich daran, dass 2 und ich damals oft übers Scheitern sprachen.)

1 und 2 gleichen sich.

1, auf den Stufen vorm Haus sitzend, hat die rechte Hand unter das rechte eigene Bein geschoben (wenn man genau hinschaut, sieht man, dass 1 Gänsehaut hat, ein Zeichen dafür, dass die Stufen kühl sind), während die linke Hand die kleine weiße Tasse hält.

Gelegentlich steht 1 auf, dreht sich um und geht durch die geöffnete Tür in den Flur des Hauses, an der Küche vorbei, bis zum Wohnzimmer. 1 betritt die Terrasse und steigt die kleine Wendeltreppe hinab, die zu einem schmalen Grünstreifen führt, der sich unweit von der kleinen Aussichtsplattform befindet.

1 bleibt stehen und schaut zu 2. 2 steht auf der kleinen Aussichtsplattform und schaut auf das Meer. 1 schaut auf den Rücken von 2 und 2 schaut auf den See.

2 trägt ein einfaches T-Shirt (es ist grau) und eine kurze dunkelblaue Hose. Mit der linken Hand hält sich 2 an dem stumpfen Eisengeländer fest, welches die Aussichtsplattform umgibt und die gleiche Farbe hat, wie 2s T-Shirt, nur etwas blasser. Die andere Hand hängt schlaff neben 2s Körper. Gelegentlich lässt 2 das blass-graue Geländer los, um sich an der Wade zu kratzen, wobei sich 2s gesamte Körperhaltung nur minimal verändert.

1 stellt sich vor, im Meer zu baden.

(Ich erinnere mich an ein sehr grelles Blau.)

1 geht zu der kleinen Aussichtsplattform, bleibt neben 2 stehen und schaut auf den See.

1 und 2 stehen so dicht nebeneinander, dass sich 1s linke und 2s rechte Schulter fast berühren. Ihre Körper sind aufrecht und dabei leicht nach rechts geneigt.



Ich erinnere mich daran, dass ich 1 und 2 damals oft beobachtet habe. Ich stand irgendwo abseits, vielleicht neben dem kleinen Grünstreifen nahe der Wendeltreppe, die zur Terrasse führte und ich blickte auf 1 und 2, die aufs Meer schauten. Ich glaube, sie waren beide barfuß, so wie ich es war, und ihre Bewegungen waren langsam und immer dann, wenn sie sich zu mir umdrehten, drehte ich mich auch um, ging die kleine Wendeltreppe hinauf zu der Terrasse und von dort durch die Tür in das Wohnzimmer, an der Küche vorbei, und dann durch die geöffnete weiße Tür hinaus aus dem Haus, die Treppenstufen hinunter zu den Nadelbäumen.